Trennende Schutzeinrichtungen


Trennende Schutzeinrichtungen verhindern den Zugang zu Gefährdungsbereichen und schützen zugleich, je nach Ausführung, vor herausgeschleuderten Teilen und je nach Ausführung auch vor gefahrbringenden Emissionen der Maschine. ISO 12100 und ISO 14120 enthalten normative Anforderungen an deren Konstruktion. Die wichtigsten Anforderungen sind in den nachfolgenden Abschnitten auszugsweise aufgeführt.

Die Höhe von Schutzzäunen, Öffnungen und Maschenweiten von Drahtgittern müssen entsprechend ISO 13857 oder zutreffenden C-Normen so dimensioniert bzw. soweit von der Gefahrstelle entfernt sein, dass ein Erreichen mit Körperteilen ausgeschlossen ist.

 

 

 

 

Art der Schutzeinrichtung

Feststehende trennende Schutzeinrichtung (z.B. Zäune oder Abdeckungen)




Bewegliche trennende Schutzeinrichtung (z.B. Türen oder Klappen).

Überwachung durch Verriegelungseinrichtungen ohne Zuhaltung (Sicherheits-Schalter)



Bewegliche trennende Schutzeinrichtung, (z.B. Türen oder Klappen)

Überwachung durch Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung (Sicherheits-Zuhaltungen)

Anwendungsbeispiele Lange Haltbarkeit, Schutz gegen Verletzung durch herausgeschleuderte Teile.

Zugang zur Maschine möglich.

Schutztüre kann nicht unerkannt geöffnet oder entfernt werden.

Die Schutztüre kann nur durch ein elektrisches Entriegelungssignal geöffnet werden.

Kein Sicherheitsabstand erforderlich.

Feststehende trennende Schutzeinrichtungen - Schutzzaun

Immer dann, wenn der Zugang zum Gefährdungsbereich während des normalen Betriebs nicht erforderlich ist, können feststehende trennende Schutzeinrichtungen, wie z. B. Schutzzäune, Barrieren oder feste Verdeckungen eingesetzt werden. Feststehenden trennende Schutzeinrichtungen werden auch häufig in Verbindung mit optoelektronischen Schutzeinrichtungen als ergänzenden Schutzeinrichtungen verwendet.

Die ISO 12100 fordert, dass feststehende trennende Schutzeinrichtungen durch konstruktive Maßnahmen fest an ihrem Platz gehalten werden müssen:

  • entweder permanent (z.B. verschweißt)
  • oder durch Befestigungsmittel, die den Gebrauch eines Werkzeugs erfordern. Wenn möglich sollten sie nach Lösen der Befestigungsmittel nicht in Schutzstellung gehalten werden können.
  • oder durch mit der Steuerung verbundenen Sicherheits-Schaltern (ISO 14119) positionsüberwacht sein, so dass beim Entfernen der Schutzeinrichtung alle relevanten gefahrbringenden Bewegungen gestoppt werden.

ISO 13857 enthält zwei Tabellen zur Dimensionierung der Höhe und des erforderlichen Sicherheitsabstands von feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen in Abhängigkeit von der Höhe der Gefahrstelle. Die Tabelle enthält Bemessungsempfehlungen für Applikationen mit hohem Risiko.

ISO 14120 enthält allgemeine Informationen zur Ausführung von feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen.

Berechnungsassistent

Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen

Wenn der Zugang zum Gefährdungsbereich während des normalen Betriebs oder relativ häufig zu Wartungszwecken notwendig ist, können bewegliche trennende Schutzeinrichtungen wie z. B. Schutztüren oder Klappen eingesetzt werden.

Eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung schützt nur in ihrer geschlossenen Position. Wird sie geöffnet, dann ist der Zugang zur Gefahrstelle frei und die Schutzeinrichtung verliert ihre verhindernde Schutzwirkung. Deshalb muss die Position einer beweglich trennenden Schutzeinrichtung sicher überwacht werden. Wird sie geöffnet, müssen alle gefährdenden Ereignisse (z.B. gefährliche Bewegungen) wirkungslos gemacht werden. Dazu werden Verrieglungseinrichtungen benutzt, die in der Regel über einen elektrischen Steuerkreis das Öffnen einer beweglich trennenden Schutzeinrichtung sicher erkennen bzw. verhindern.

ISO 14119 unterscheidet zwei Arten von Verriegelungseinrichtungen:

  • ohne Zuhaltung – umgangssprachlich „Sicherheits-Positionsschalter“ oder verkürzt „Sicherheits-Schalter“ genannt. Sie liefern bei Betätigung ein sicheres Abschaltsignal an die Steuerung, verhindern aber nicht das Öffnen der trennenden Schutzeinrichtung
  • mit Zuhaltung – umgangssprachlich „Türzuhaltungen“ genannt. Sie liefern ebenso ein sicheres Abschaltsignal an die Steuerung, verhindern aber zusätzlich durch eine mechanische oder magnetische Zuhaltung, dass die trennende Schutzeinrichtung geöffnet werden kann, solange keine Freigabe von der Steuerung erfolgte.

 

Verriegelungseinrichtungen müssen prinzipiell so aufgebaut sein, dass sie nicht mit einfachen Mitteln manipulierbar sind. Für deren Einschätzung hat ISO 14119 Verriegelungen in Bauarten unterteilt:

Bauart Betätigung Betätiger Leuze Produkt
  Wirkprinzip durch Kodierung Beispiel  
Bauart 1 Mechanisch Kontakt, Kraft Nicht codiert Kurvenscheibe S300
Schaltnocken -
Scharnier S400
Bauart 2 Codiert Schaltzunge,
Speziell geformter Betätiger
S20,
S200,
L10,
L100,
L200
Schlüssel -
Bauart 3 Berührungslos Induktiv Nicht codiert Ferromagnetische Stoffe -
Magnetisch (Elektro-) Magnet -
Kapazitiv Alle geeigneten Stoffe -
Ultraschall Alle geeigneten Stoffe -
Optisch Alle geeigneten Stoffe -
Bauart 4 Magnetisch Codiert Codierter Magnet MC 300
RFID RFID-Transponder RD 800,
L250,
L300
Optisch Optisch codierter Betätiger -

 

Reihenschaltung von Kontakten

Kontakte von Verriegelungseinrichtungen, die zur selben Sicherheitsfunktion gehören, können in Reihe geschaltet werden. Wenn in diesem Fall nur einer der Schalter öffnet, führt die zugehörige Sicherheitsfunktion ihre sicherheitsgerichtete Reaktion, meist ein Stopp von Bewegungen, aus. Die offensichtliche schlechtere Fähigkeit zur Diagnose zeigt sich schon darin, dass man nicht weiß, welche der in Reihe geschalteten trennenden Schutzeinrichtungen betätigt wurde. Zusätzlich schlägt sich das aufgrund der sog. Fehlermaskierung von Kontakten im Diagnosedeckungsgrad DC nieder. Diesen Fakt hat ISO 14119 im Technischer Report ISO/TR 24119  folgendermaßen formalisiert:

Anzahl häufig benutzter Schutzeinrichtungen 1), 2) Anzahl häufiger benutzter Schutzeinrichtungen 3) Maximal erreichbarer Diagnosedeckungsgrad DC
0 2 ... 4 Mittel (90%)
5 ... 30 Niedrig (60%)
> 30 Kein (0%)
1 1 Mittel (90%)
2 ... 4 Niedrig (60%)
> 4 Kein (0%)
> 1 ≥ 0 Kein (0%)


1)
Häufig = Die Schutzeinrichtung wird einmal pro Stunde oder häufiger betätigt
2) Jeder zusätzliche Bediener erhöht die Anzahl häufig benutzter Schutzeinrichtungen um 1
3) Die Anzahl zusätzlich benutzter Schutzeinrichtungen kann um 1 reduziert werden, wenn deren Abstand größer 5 m ist oder keine der zusätzlichen Schutzeinrichtungen direkt erreichbar sind.

DC = 99% und damit PL e ist nur bei Einzelanschluss eines kontaktbehafteten Sensors an die Auswertelogik zu erreichen.


Verriegelungseinrichtungen ohne Zuhaltung (Sicherheits-Schalter)

Verriegelungseinrichtungen ohne Zuhaltung dienen der Stellungsüberwachung von z. B. Schutztüren oder Klappen. Ein Öffnen der beweglich trennenden Schutzeinrichtung ist jederzeit möglich. Sobald die beweglich trennende Schutzeinrichtung nicht mehr geschlossen ist, wird vom Sicherheits-Schalter ein Stoppbefehl erzeugt. Damit z.B. eine gefahrbringende Bewegung rechtzeitig zum Stillstand kommt, bevor die Gefahrstelle erreicht wird, muss ein geeigneter Sicherheitsabstand zwischen Schutzeinrichtung und Gefahrstelle eingehalten werden.

Wenn keine C-Norm oder andere maschinenspezifische Vorschriften vorliegen, kann der erforderliche Sicherheitsabstand S folgendermaßen ermittelt werden:

  • Sicherheitsabstand der geschlossenen Schutzeinrichtung entsprechend ISO 13857 für feststehende trennende Schutzeinrichtungen aus einer Tabelle
  • Sicherheitsabstand der beweglich trennenden (geöffneten) Schutzeinrichtung entsprechend der in ISO 13855 vorgegebenen Berechnungsformel:
S = (K * T) + C
S Mindestabstand in Millimetern, gemessen vom Gefahrbereich zur trennenden Schutzeinrichtung
K 1600 mm/s Annäherungsgeschwindigkeit des Körpers oder von Körperteilen
T Nachlauf des gesamten Systems in Sekunden
C

zusätzlicher Abstand (wird aus Tabelle 4 von ISO 13857 entnommen, falls es möglich ist, die Finger oder die Hand durch die Öffnung in Richtung des Gefährdungsbereich zu stecken, bevor ein Stoppsignal erzeugt wird.)

 

Der größere der beiden Werte ist der notwendige Sicherheitsabstand der Schutzeinrichtung.

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Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung (Sicherheits-Zuhaltungen)

Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung  halten die trennende Schutzeinrichtung in geschlossener Position. Sie werden immer dann eingesetzt, wenn die gefahrbringende Maschinenfunktion nach Öffnen der Schutzeinrichtung nicht beendet ist, bevor eine Person die Gefahrstelle erreichen kann (z. B. bei langen Nachlaufzeiten der Maschine). Durch die Zuhaltung bleibt die Schutzeinrichtung so lange geschlossen, bis der gefahrbringende Zustand beendet ist. Möchte der Bediener die Schutzeinrichtung öffnen, muss er dies durch Betätigung eines Tasters bei der Steuerung anfordern. Die Steuerung stoppt dann die Maschine und entriegelt die Zuhaltung.Ein weiteres Anwendungsgebiet ist der Maschinenschutz. Sicherheits-Zuhaltungen werden häufig auch dann eingesetzt, wenn undefinierte Unterbrechungen des Fertigungsprozesses aus Gründen der Prozesssicherheit vermieden werden sollen (siehe auch IEC 60204-1, 9.3).

Die ISO 14119, 4.3.2 unterscheidet bei der technischen Ausführung der Zuhalte-Einrichtung (betätigt = verriegelt):
1. Von Hand betätigt und von Hand entsperrt
2. Durch Federkraft betätigt und durch Energie (z. B. elektrisches Signal) entsperrt
3. Durch Energie betätigt (z. B. mit Elektromagnet) und durch Federkraft entsperrt
4. Durch Energie betätigt und durch Energie entsperrt

Sicherheits-Zuhaltungen mit federkraftbetätigter Zuhaltung (2.) bleiben auch bei Energieausfall an der gesamten Maschine verriegelt und halten somit eine Schutztüre auch während der Nachlaufphase der Maschine blockiert. Aufgrund dieser Eigenschaft werden sie für Personenschutzanwendungen den energiebetätigten (magnetkraftbetätigten) Sicherheits-Zuhaltungen vorgezogen. Magnetkraftbetätigte Zuhalte-Einrichtungen werden in der Regel nicht zum Personenschutz, sondern für den Maschinenschutz eingesetzt.

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Entsperren einer Sicherheits-Zuhaltung

Das Sicherheitsniveau der Verriegelungs-Funktion darf nicht durch eine nicht sicherheitsbezogene Zuhalte-Funktion beeinträchtigt werden (ISO 14119, 5.7.1.). Das Entsperren einer Zuhaltung muss zusätzlich zur Verriegelungsfunktion durch eine separate Sicherheitsfunktion beschrieben werden, zu der nach ISO 14119, 8.4 folgende Elemente gehören:

  • die Stellungsüberwachung der Zuhaltung
  • das Erkennen der Bedingungen zum Entsperren (z.B. Drehzahl- oder Stellungsüberwachung, Zeitverzögerung)
  • die Logik zur Auswertung dieser Signale
  • die Ansteuerung zum Entsperren der Zuhaltung

 

Die Sicherheitsfunktion „Ansteuerung der Zuhaltung“ muss mindestens den mit einer Risikobeurteilung ermittelten PLr aufweisen. Dabei ist aber nur der kurze Zeitraum

  • zwischen dem seltenen Ereignis „Fehlerhafte Ansteuerung der Zuhaltung durch Ausfall eines Steuerungsteils“ (durch das Rücklesen der Stellung des Magneten sollte ein Maschinenstopp eingeleitet werden)
  • und „Nicht bestimmungsgemäßes Öffnen der Schutzeinrichtung zwischen der fehlerhaften Ansteuerung und dem Stillsetzen der gefährlichen Bewegungen“

für die Risikoeinschätzung zu betrachten. Diese Wahrscheinlichkeit wird meist recht klein sein, so dass sich i.d.R. keine hohen Anforderungen bezüglich des PLr für die Ansteuerung der Zuhaltung stellen.

 

Zusätzliche Entsperrung der Zuhaltung

Fluchtentriegelung
Die Fluchtentriegelung dient zur  manuellen Entsperrung der Zuhaltung aus dem Gefährdungsbereich heraus, um diesen zu verlassen. Der Betätiger zur Fluchtentriegelung darf deshalb nur im Innern des Gefährdungsbereich zugänglich sein und muss von Handbetätigt werden können. Das Auslösen der Fluchtentriegelung führt zu einem Stoppbefehl an die Maschinensteuerung.

Beispiel eines Tasters zur Fluchtentriegelung an der Sicherheits-Zuhaltung L300

 

Notentsperrung
Die Notentsperrung dient zur manuellen Entsperrung der Zuhaltung im Notfall von außerhalb des Gefährdungsbereich. Der Betätiger zur Notentsperrung muss von Hand betätigt werden können. Sein Auslösen führt zu einem Stoppbefehl an die Maschinensteuerung und zu einer Blockierung des Sperrmittels, die nur mit Werkzeug oder einer speziellen Ansteuerung zurückgesetzt werden kann bzw. das Auswechseln des Bauteils erfordert.

 

Hilfsentriegelung
Die Hilfsentriegelung von außerhalb des Gefährdungsbereichs darf nur mittels eines Werkzeugs oder eines Schlüssels möglich sein. Sie bietet die Möglichkeit einer manuellen Entsperrung der Zuhaltung  von außerhalb des geschützten Bereichs, z.B. im Falle einer Fehlfunktion. Ihr Auslösen muss zu einem Stoppbefehl an die Maschinensteuerung führen. Das Zurücksetzen kann nur mit Werkzeug oder durch eine spezielle Ansteuerung erfolgen.

Die Hilfsentriegelung ist nicht für die Notentsperrung oder Fluchtentriegelung der Zuhaltung geeignet.

Beispiel einer Hilfsentriegelung, die nur mit Werkzeug geöffnet werden kann, an der Sicherheits-Zuhaltung L300