Funktionen und Anwendungen von Schutzeinrichtungen

Wenn Risiken durch konstruktive Maßnahmen nicht vermieden oder ausreichend begrenzt werden können, sind entsprechend ISO 12100 Schutzeinrichtungen vorzusehen. Die Auswahl einer geeigneten Schutzeinrichtung erfolgt

  • entweder auf der Basis einer Risikobewertung der jeweiligen Maschine
  • oder gemäß einer maschinenspezifischen Vorschrift, z. B. einer C-Norm

Generell sollten Schutzeinrichtungen eine einfache und ergonomische Bedienung der Maschine erlauben und die bestimmungsgemäße Verwendung – sowohl im Normalbetrieb als auch in allen Lebens- und Betriebsphasen – nicht behindern. Ist dies nicht in jedem Fall gegeben, kann dies einen Manipulationsanreiz darstellen und dazu führen, dass eine Schutzeinrichtung umgangen wird. Damit hat sie für die Risikominderung nur noch verminderte Wirksamkeit.

Eine feststehende trennende Schutzeinrichtung (z. B. Schutzzaun) sollte da eingesetzt werden, wo der Zugang der Bedienperson zum Gefährdungsbereich während des Normalbetriebs nicht nötig ist. Wenn betriebsbedingt ein häufigerer Zugang (häufiger als einmal pro Woche) notwendig ist, muss nach ISO 14120 eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung (z. B. Türe mit Sicherheits-Schalter) oder alternativ eine berührungslos wirkende Schutzeinrichtung (z. B. Sicherheits-Lichtvorhang) eingesetzt werden.

ISO 12100 fordert generell für trennende und nicht-trennende Schutzeinrichtungen, dass sie

  • mechanische und andere Gefährdungen berücksichtigen müssen
  • widerstandsfähig gebaut sein müssen
  • keine zusätzlichen Gefährdungen verursachen dürfen
  • nicht auf einfache Weise umgangen oder unwirksam gemacht werden können dürfen
  • ausreichend Abstand zum Gefährdungsbereich haben (siehe ISO 13857 bzw. ISO 13855)
  • die Maschinenbedienung und den Arbeitsprozess nicht mehr als notwendig behindern, um jeden Anreiz zur Umgehung oder Manipulation zu mindern dürfen
  • Eingriffe zum Werkzeugeinsatz oder –Wechsel oder zu Wartungsarbeiten möglichst ohne Entfernen der Schutzeinrichtungen zulassen müssen. Der Zugang muss hierbei auf den für die Arbeit notwendigen Bereich beschränkt bleiben.

 

Schutzmaßnahmen wirken meist deshalb risikomindernd, weil sie - sofern korrekt angewendet - auf einen von zwei Risikoparametern besonders intensiv einwirken:

  • den Risikoparameter E (Exposition) als Maß für die Anwesenheitswahrscheinlichkeit einer Person oder eines Körperteils, indem durch die Schutzeinrichtung verhindert wird, dass sich Personen oder Körperteile im Gefährdungsbereich befinden (trennende Schutzeinrichtungen)
  • den Risikoparameter O (Occurence) als Maß für die Auftretenswahrscheinlichkeit eines gefährdenden Ereignisses, indem die Schutzeinrichtung dafür sorgt, dass die Annäherung von Personen oder Körperteilen sicher erkannt und das gefährdende Ereignis rechtzeitig verhindert wird, z.B. indem ein Stoppbefehl durch einen Laserscanner ausgelöst wird.

 

Übersicht typischer Schutzeinrichtungen und deren Anwendungsbereiche

  Art der Schutzeinrichtung Anwendungsbereiche und Hinweise
Feststehende trennende Schutzeinrichtung (z.B. Zaun, Abdeckung)
  • Wenn kein oder sehr seltener Zugang zum Gefährdungsbereich erforderlich ist
  • Schutz gegen Verletzung durch herausgeschleuderte Teile.
  • Hohe Haltbarkeit
Bewegliche trennende Schutzeinrichtung
ohne Zuhaltung (z.B. Türe oder Klappe) mit Sicherheits-Schalter (ohne Zuhaltung)
  • Schließzustand der Klappe oder Tür wird überwacht. Zugang zur Maschine oder zum Gefährdungsbereich ist möglich.
  • Nur einsetzbar, wenn die Stopp-Zeit der gefährlichen Bewegung kleiner ist als die Zugriffs-/ Zutrittszeit der Person. 
Bewegliche trennende Schutzeinrichtung
mit Zuhaltung (z.B.Türe oder Klappe mit Sicherheits-Zuhaltung)
  • Schließzustand der Klappe oder Tür wird überwacht und kann nur durch ein elektrisches Entriegelungssignal geöffnet werden. 
  • Sicherheits-Lichtvorhänge
  • Mehrstrahl-Sicherheits-Lichtschranken
  • Einstrahl-Sicherheits-Lichtschranken
  • Für häufigen Zugriff/Zugang zum Gefährdungsbereich und ergonomische Bedienung von Maschinen und Anlagen.
  • Sicherheitsabstand nach ISO 13855 erforderlich.
  • Bei Kombination mit Muting- oder Gating-Funktion Materialtransport durch das Schutzfeld möglich.
Sicherheits-Laserscanner
  • Zugang zum Gefährdungsbereich und ergonomische Bedienung der Maschine möglich.
  • Flexible Anpassung der Schutzfelder an den Gefährdungsbereich.
  • Sicherheitsabstand nach ISO 13855 erforderlich. Bedingt einsetzbar in Umgebungen mit starken Verschmutzungen.
Sicherheits-Radarsystem
  • Zugang zum Gefährdungsbereich und ergonomische Bedienung der Maschine möglich.
  • Flexible Anpassung der Schutzfelder und der Anordnung der Sensoren an den Gefährdungsbereich.
  • Besonders geeignet für den Einsatz in rauen industriellen Umgebungen
Zweihandschaltungen
  • Beide Hände des Bedieners sind zur Maschinenaktivierung erforderlich, damit ist dieser zwangsweise vor Verletzungen geschützt.
  • Andere, benachbarte Personen werden nicht geschützt. Sicherheitsabstand nach ISO 13855 erforderlich.
NOT-HALT Einrichtung
  • Drucktaste(n) zum Stillsetzen der Maschine zur Abwendung unmittelbarer oder drohender Gefährdungssituationen.
  • Zusätzliche Vorsichtsmaßnahme für den Notfall. Kein Ersatz für andere Schutzmaßnahmen.